Privat oder gesetzlich versichern?

Private oder gesetzliche Krankenversicherung - was ist besser?

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Ob sich jemand privat oder gesetzlich versichert, ist eine weitreichende Entscheidung. Ein Rückweg von der privaten Krankenversicherung (PKV) in die gesetzliche Krankenkasse (GKV) ist nämlich nicht ohne Weiteres möglich. Die Tür zurück in die GKV steht nur offen, wenn eine Versicherungspflicht entsteht.

Das ist in der Regel der Fall, wenn jemand ein Arbeitsverhältnis unter 56.250 Euro brutto im Jahr aufnimmt (Stand Januar 2016). Eine andere Möglichkeit besteht dann, wenn ein Privatversicherter arbeitslos wird und staatliche Hilfe in Anspruch nimmt. Ab dem 55. Lebensjahr führt aber normalerweise kein Weg zurück in die gesetzliche Krankenversicherung. Und wer sich einmal ausdrücklich von seiner Versicherungspflicht befreien lassen hat, muss in jedem Fall in der PKV bleiben. Daher sollten sich Verbraucher die Wahl zwischen privater oder gesetzlicher Krankenkasse gut durch den Kopf gehen lassen.


Angestellte mit einem Einkommen über 56.250 Euro haben ebenso die freie Wahl, ob sie sich privat oder gesetzlich versichern, wie Selbstständige und Beamte (unabhänging vom Einkommen). Auch Studenten, bei denen die Immatrukulation nicht länger als drei Monate zurückliegt, stehen grundsätzlich beide Optionen offen.
Rund 9 Millionen Menschen haben sich für die private Krankenversicherung entschieden. Nur 2,6 Millionen Arbeitnehmer sowie 1,2 Millionen Selbstständige bleiben freiwillig in der GKV versichert, obwohl sie sich auch privat absichern könnten. In diesem Beitrag vergleichen wir die Vor- und Nachteile von PKV und GKV und erleichtern somit die Entscheidung welche Krankenkasse für Sie die passende ist.

Privat oder gesetzlich versichern? PKV bietet nicht immer mehr Leistungen

Gesetzlich Versicherte werden häufig mit dem Versprechen auf einen großen Leistungsumfang in die PKV gelockt. Das trifft aber nicht auf alle Tarife zu. Der gesetzlich vorgeschriebene Basistarif entspricht in Art, Leistung und Umfang dem Angebot der GKV. Im Gegenzug dürfen die Kosten nicht den Maximalbetrag für die gesetzliche Krankenkasse überschreiten. Alle privaten Krankenversicherer müssen ein solches Angebot bereithalten.

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Darüber hinaus sind auch die weiteren Tarife viel heterogener als in der GKV. Nicht jedes Angebot bietet laut der Stiftung Warentest automatisch tatsächlich einen Mehrwert. Daher ist es wichtig, sich vor dem Eintritt in die PKV umfassend über das Unternehmen zu informieren. Eine Möglichkeit dazu bietet zum Beispiel der umfangreiche Preis-Leistungs-Test für Selbstständige, Angestellte und Beamte in der Zeitschrift Finanztest 05/2014 oder auf unserer Startseite zum Thema private Krankenversicherung Tests. Sehr gute oder gute sowie die meisten befriedigenden Angebote bieten in der Tat deutlich mehr Leistungen als die gesetzlichen Krankenkassen.

Die meisten Deutschen verbinden mit den Vorzügen der PKV unter anderem die schnelle und bevorzugte Behandlung, die Krankenkenhausunterbringung in einem Einzelzimmer sowie die Möglichkeit, einen Chefarzt oder Heilpraktiker in Anspruch zu nehmen. Auch die bessere Erstattung von Zahnersatzleistungen ist hinlänglich bekannt. Darüber hinaus bieten viele private Krankenversicherer mittlerweile beispielsweise auch ambulante Kuraufenthalte, eine stationäre Reha sowie die Sterbebegleitung für unheilbare Menschen an. Viele, insbesondere neue Tarife gehen also tatsächlich deutlich über den Schutz der GKV hinaus.

Der Vorteil der PKV liegt darin, dass einmal vereinbarte Leistungen solange eingehalten werden müssen, wie der Vertrag bestehen bleibt. In der GKV hat der Gesetzgeber einen Einfluss darauf, welche Behandlungen, Therapien und Hilfsmittel übernommen werden. In letzter Zeit wurden etwa die Leistungen für Zahnersatz, rezeptfreie Medikamente und Brillen verringert. Experten rechnen aufgrund der Überalterung der Bevölkerung damit, dass es in der gesetzlichen Krankenversicherung auch zukünftig weiter Kürzungen geben wird.

Beiträge für die private und gesetzliche Krankenversicherung im Vergleich

Die Beiträge werden in den beiden Systemen unterschiedlich berechnet. In der GKV gilt das Solidarprinzip: Menschen mit höherem Einkommen zahlen mehr in die Sozialversicherung ein als Geringverdiener. Die Mehrausgaben für ältere oder kranke Menschen werden also durch gesunde und jüngere Menschen finanziert.

In der PKV ergibt sich der Beiträg jedoch aus dem individuellen Risiko eines jeden Einzelnen. In die Kalkulation der Prämie fließen unter anderem das Alter, die Berufsgruppe sowie der Gesundheitszustand sowie Vorerkrankungen ein. Dazu kommen Risikozuschläge, beispielsweise für Raucher. Die gewünschten Leistungen und der gewählte Selbstbehalt des Tarifs haben ebenso einen großen Einfluss auf die Höhe der Beiträge. Das Geschlecht wurde nur bis zur Einführung der Unisex-Tarife im Dezember 2012 berücksichtigt und spielt in neuen Tarifen keine Rolle.

In der PKV ist keine kostenlose Familienversicherung vorgesehen, jedes einzelne Familienmitglied muss separat abgesichert werden. Für Privatversicherte mit mehreren Kindern entsteht dadurch eine Mehrbelastung von mehreren hundert Euro im Monat. Darüber hinaus tragen Privatversicherte ein Kostenrisiko: Der Arzt stellt die Rechnung direkt an den Verbraucher aus, der sich die Behandlung von seinem Versicherer erstatten lassen muss. Bei erhöhten Gebührensätzen bleibt der Versicherte selbst auf einem Teil der Kosten sitzen. In der GKV rechnet der Arzt direkt mit dem Träger ab, dafür fallen die Erstattungen in der Regel niedriger aus als in der privaten Krankenversicherung.

Die Prämien für junge Versicherte im Alter von 20 bis 30 sind in der PKV normalerweise deutlich geringer als in der GKV. Auch mit Mitte 30 fällt die Belastung vergleichsweise niedrig aus. 35-jährige Versicherungsnehmer zahlen für die besten Angebote aus der Finanztest folgende Beiträge:

  • Beamte 196 Euro bei der Concordia,
  • Selbstständige 395 Euro bei der Provinzial,
  • Angestellte 441 Euro.
Zum Vergleich: Selbst Selbstständiger mit dem Mindesteinkommen von 2.126 Euro brutto im Monat zahlt in der GKV aktuell mit 367 Euro nur geringfügig weniger – und das bei deutlich weniger Leistungen. Bei einem höheren Verdienst steigt der Beitrag für Selbstständige gar auf bis zu 736 Euro im Monat.

PKV: Selbstständige und Angestellte müssen stärker vorsorgen als Beamte

private oder gesetzliche krankenkasse

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Der medizinische Fortschritt und die daraus resultierenden steigenden Gesundheitskosten verteuern beide Systeme mit der Zeit. In der GKV steigen die Prämien sukzessive von Jahr zu Jahr. In der PKV werden die Tarife alle ein bis drei Jahre erhöht. Die Unternehmen dürfen erst Veränderungen vornehmen, wenn die Gesundheitskosten eine bestimmte Grenze überschreiten. Daher fällt der Anstieg meistens drastischer aus. Die höheren Beitragssteigungen in der PKV resultieren auch dadurch, dass keine Leistungen gekürzt werden dürfen. Somit bleibt den Versicherern kaum eine andere Möglichkeit, als die Prämien zu erhöhen. Dazu kommt, dass die Altersrückstellungen auf dem Kapitalmarkt angelegt werden. Durch die aktuell dauerhaft niedrigen Zinsen fallen die Erträge niedriger aus als kalkuliert, wodurch die Rücklagen weniger stark anwachsen als gedacht. Das wird sich aller Voraussicht nach in deutlichen Erhöhungen der Beiträge bemerkbar machen. Einen Anhaltspunkt über die Beitragsstabilität der privaten Krankenversicherer bietet der jährliche Map-Report. In den vergangenen Jahren stellte sich der Seriensieger Debeka als konstanstes Unternehmen mit einer hohen Finanzkraft heraus.

Aufgrund der steigenden Beiträge müssen Privatversicherte nach der Empfehlung von Verbraucherschützern bereit sein, selbst für das Alter vorzusorgen. Zwar zahlen Privatversicherte ab dem 20. Lebensjahr sowohl im Tarif enthaltene als auch zusätzliche gesetzlich vorgesehene Altersrückstellungen, die dazu dienen, die Kosten für die PKV als Rentner niedrig zu halten. Durch Beitragserhöhungen können die Prämien im Ruhestand laut Stiftung Warentest jedoch bis zu drei Mal so hoch ausfallen wie als 35-Jähriger. Damit nicht ein Großteil der Rente für die PKV-Beiträge verwendet werden muss, sollten junge Arbeitnehmer und Selbstständige pro Monat eine dreistellige Summe zur Seite legen.

Beamte sind im Alter deutlich besser durch den Staat abgesichert. Schon während des Berufslebens erhalten sie eine Beihilfe von 50 Prozent, die sich im Ruhestand bei Bundesbeamten auf 70 Prozent erhöht. Bei zwei oder mehr eigenen Kindern werden Beamte vom Staat sogar schon früher mit 70 statt 50 Prozent unterstützt. In der GKV müssten Beamte die Beiträge in voller Höhe selbst tragen. Auch die private Versicherung von nahestehenden Personen wird bezuschusst: Für jedes Kind werden 80 Prozent sowie für Ehepartner 70 Prozent übernommen.

Privat oder gesetzlich versichern? Checkliste für Verbraucher

Ob sich Verbraucher privat oder gesetzlich versichern sollten, ist auch von den persönlichen Eigenschaften und Wünschen abhängig. Wer besonderen Wert auf kurze Wartezeiten und eine hervorragende Behandlung legt, ist grundsätzlch in der privaten Krankenversicherung besser aufgehoben. Doch dieser Wunsch lässt sich nicht immer mit der Lebenssituation beziehungsweise dem eigenen Budget vereinbaren. Im Folgenden möchten wir einige Kriterien erläutern, die für eines der beiden Systeme sprechen. Jeder Versicherte muss dabei selbst entscheiden, welche Punkte für ihn besonders wichtig sind.

Vorteile der gesetzlichen Krankenversicherung

  • ein Alter deutlich über 40 Jahre, längere Berufstätigkeit und eine dauerhaft bestehende gesetzliche Krankenversicherung. Mit fortlaufender Zeit wird der Wechsel in die PKV immer teurer und unattraktiver.
  • Eine eigene Familie mit mindestens zwei Kindern: In der GKV sind Kinder und Ehepartner kostenlos mitversichert. Deshalb sind insbesondere Alleinversorger des Haushalts über die gesetzliche Krankenkasse günstiger abgesichert. Dieser Aspekt sollte schon im Vorfeld beachtet werden und gilt dementsprechend auch für Menschen, die in Zukunft Vater oder Mutter werden möchten.
  • Keine „saubere“ Krankenakte: bekannte, wohlmöglich chronische Vorerkrankungen führen zu teuren Beiträgen in der PKV. Besucht der Versicherte oder dessen Angehörige oft den Arzt, spricht das eher für die GKV.
  • Geringe oder unsichere Verdienste: In der GKV sind die Beiträge an das Einkommen gekoppelt, weshalb Menschen mit niedrigen Einkünften relativ günstig versichert werden. Wer kein geregeltes, hohes Einkommen aufweist, riskiert, dass er die steigenden PKV-Beiträge nach einer Weile nicht mehr bezahlen kann.

Vorteile der privaten Krankenversicherung

Die PKV lohnt sich insbesondere dann, wenn viele der folgenden Aspekte erfüllt werden beziehungsweise ein bestimmter Punkt in besonderem Maß zutrifft:

  • Ein hohes geregeltes Einkommen in einem sicheren Job: So kann der Versicherte bereits in der Gegenwart für die Belastung in der Zukunft vorsorgen.
  • Ein Anspruch auf Beihilfe: Beamte oder Beamtenanwärter profitieren von staatlichen Zuschüssen (Beihilfe), welche die PKV besonders attraktiv machen.
  • Ein Leben als Alleinstehender und dementsprechend geringeren Verpflichtungen für andere Personen. Auch bei zwei Gutverdienern in einem Haushalt muss der Versicherte nicht für die soziale Absicherung anderer Menchen sorgen.
  • Ein guter Gesundheitszustand und ein junges Eintrittsalter in die PKV. Es bestehen keine schweren Vorerkrankungen. In diesem Fall profitiert der Versicherte von günstigen Prämien.

Treffen mehrere Punkte aus der Checkliste auf eine Person zu, muss diese selbstverständlich auch dazu berechtigt sein, in die PKV zu wechseln. Dazu zählen die genannten Gruppen der gutverdienenden Angestellten, Selbstständige, Beamte sowie Studenten.

Fazit: Gesetzlich oder privat versichern?

Zwei jeweilige Vorteile der beiden Systeme widersprichen sich: Auf der einen Seite sollte der Wechsel in die PKV möglichst in jungen Jahren vollzogen werden. Auf der anderen Seite ist die Lebensplanung in diesem Alter noch nicht weit genug fortgeschritten. Die wenigsten Menschen können mit 30 Jahren sicher sagen, dass sie auf Dauer ein geregeltes Einkommen vorweisen können. Auch die Familienplanung hat noch nicht immer die Formen angenommen, um sich guten Gewissens für einen Wechsel in die PKV zu entscheiden. Wer allerdings zu lange wartet, muss mit hohen Prämien rechnen. Den passenden Zeitpunkt für einen Übertritt in die private Krankenversicherung zu finden, ist also eine knifflige Aufgabe.

Uneingeschränkt rät die Stiftung Warentest lediglich Beamten zu einem Wechsel in die PKV. Staatsdiener sind in einem festen Arbeitsverhältnis und erhalten genug Beihilfe für sich und Familienangehörige, um auch im Alter gut für die Beiträge gewappnet zu sein. Angestellte und Selbstständige tragen eine höhere Verantwortung, selbst vorzusorgen. Idealtypisch verfügt ein privatversicherter Selbstständiger oder Angestellter über ein regelmäßiges Gehalt und muss keine weiteren Familienmitglieder versorgen. Zum Zeitpunkt des Wechsel ist er nicht älter als 45 Jahre und ist in der Lage, um monatlich selbst einen Betrag über 200 Euro für die höheren Prämien im Alter zur Seite zu legen. Darüber hinaus macht ihm oder ihr der erhöhte Aufwand für das Einschicken der Rechnungen nichts aus.

Eine besondere Zielgruppe für die PKV sind im Übrigen Deutsche, die oft längere Zeit an einem festen Wohnsitz im Ausland verbringen. Die medizinische Versorgung außerhalb Deutschlands lässt sich mit der PKV deutlich besser gewährleisten als mit der gesetzlichen Absicherung.

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